Dienstag, 02. April 2024

Aufarbeitung der Corona-Pandemie: Enquete-Kommission dringend erforderlich

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Der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn orakelte schon 2020 zu Beginn der Pandemie: „Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen“. Inzwischen hat er sogar ein Buch mit dem Titel ‘Wir werden einander viel verzeihen müssen’ zu den „Innenansichten einer Krise“ geschrieben. Allerdings ist das keine wirkliche Aufarbeitung der politischen Maßnahmen während der Corona-Pandemie. Die ist aber dringend geboten. Denn was damals kein verantwortlicher Politiker hören wollte, hat sich inzwischen häufig bestätigt: Die getroffenen Maßnahmen waren teilweise kontraproduktiv, teilweise völlig überzogen.

Spätestens seit der Veröffentlichung der in Teilen geschwärzten Protokolle des RKI zum Management der Corona-Pandemie führt aber kein Weg mehr an einer intensiven parlamentarischen Aufarbeitung der damaligen Vorgänge vorbei. Zumindest in der FDP ist inzwischen wohl die Mehrheit der Verantwortlichen in der Partei dieser Meinung. Wolfgang Kubicki hatte dies schon immer befürwortet. Nun macht sich auch Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann dafür stark. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe hat er betont: „Wenn in so massiver Art in die Grundrechte der Menschen eingegriffen wird, müssen wir im Nachgang das kritisch auf den Prüfstand stellen.“

Und selbst Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach unterstützt inzwischen ein solches Vorhaben, ohne sich auf die Art und Weise, wie die Aufarbeitung erfolgen soll, festzulegen. Die FDP befürwortet die Einsetzung einer Enquete-Kommission. Widerstand dagegen gibt es bisher vor allem bei Bündnis 90/Die Grünen. Der gesundheitspolitischer Sprecher deren Bundestagsfraktion, Dr. Janosch Dahmen, hält davon nichts, weil, wie er der Zeit gegenüber bereits im April letzten Jahres erklärte, die Gefahr bestehe, „dass es am Ende eher ein Kampf um Deutungshoheiten und nachträgliche Schuldzuweisungen wird und damit weiteres Vertrauen der Bevölkerung verloren geht“. Als ob die Verweigerung der Aufarbeitung Vertrauen schaffe!

Möglicherweise reagiert Dahmen auch deshalb so allergisch auf eine Aufarbeitung, weil neben Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Ministerpräsident Dr. Markus Söder allen voran der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sich vehement für Grundrechtseinschränkungen starkmachte. Der bisher einzige Grüne-Ministerpräsident hatte sich zeitweise sogar darauf verstiegen, ein eigenes Pandemieregime, das unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe erlauben sollte, zu fordern. Davon ist er später zwar wieder abgerückt. Aber dieser Vorgang dürfte sicher zu den Umständen gehören, mit denen sich die Enquete-Kommission beschäftigen sollte.

Und dann sollte die sich vielleicht auch damit beschäftigen, wie zukünftig Schadensersatzforderungen Betroffener zur Geltung gebracht werden können. Bisher sind alle Versuche, Schadensersatz für Berufsverbote in der Pandemie zu erhalten, an der derzeitigen Rechtslage in der Auslegung durch die Obergerichte gescheitert. Das sollte zukünftig anders geregelt sein.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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