Donnerstag, 04. Januar 2024

Hat Markus Söder Angst vor der Fünf-Prozent-Hürde?

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Üblicherweise strotzt Dr. Markus Söder nur so vor Selbstbewusstsein. Mag die Welt um Bayern herum auch untergehen, Söder beruhigt die Bevölkerung mantraartig, Bayern sei zwar nicht das Paradies, stehe aber quasi kurz davor. Allerdings scheint der omnipräsente Besserwisser an einer Stelle doch nicht ganz so überzeugt von der Einzigartigkeit der CSU zu sein. Wie sonst soll man erklären, dass er noch vor dem Jahreswechsel dpa ein Interview gab, in dem er bekannte: „Eine Regierungsbeteiligung der CSU kann es nur geben, wenn die Wahlrechtsänderungen rückgängig gemacht werden. Das ist Grundbedingung für eine Koalition.“

Söder geht es dabei um die Rücknahme der Streichung der sogenannten Grundmandatsklausel im Wahlrecht sowie die Schwächung der Erststimmen. Beides hat die Ampel beschlossen. Sollte die CSU also bundesweit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten, flöge sie aus dem Bundestag, egal wie viele Direktmandate sie in Bayern erzielen sollte. Nun steht zwar aktuell gar keine Bundestagswahl an, bei der die CSU an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte, aber Söder will ja Neuwahlen am 6. Juni 2024 erzwingen. Warum dann der CSU ein bundesweites Ergebnis unter fünf Prozent drohen soll, wo doch die Ampel aus seiner Sicht völlig versagt, ist schwer nachzuvollziehen.

Aber Söder geht es mal wieder um seine Machtansprüche. Allein, war er für richtig hält, ist akzeptabel. Wer am Sonderstatus der CSU kratzt (Regionalpartei mit bundesweitem Anspruch), der ist des Teufels. Wie versessen die CSU auf die Streichung der Grundmandatsklausel reagiert, macht eine Personalie an ganz anderer Stelle deutlich. Ebenfalls noch im Dezember wurde der Nachfolger des früheren saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller als Richter beim Bundesverfassungsgericht vom Bundespräsidenten ernannt. Für diese Personalie hatte die CSU das Vorschlagsrecht. Als Kandidaten hatte sie den früheren bayerischen Justizminister Dr. Winfried Bausback auserkoren. Den zog sie allerdings in letzter Sekunde zurück und schlug stattdessen den bisherigen Generalbundesanwalt Dr. Peter Frank vor.

Bausback wurde zum Verhängnis, dass er in seiner Promotionsarbeit die Meinung vertreten hat, Grundmandatsklauseln seien verfassungswidrig. Das war der CSU offenbar recht spät aufgefallen und offensichtlich für Söder ein derartiger Affront, dass Bausback Frank weichen musste. Man mag sich gar nicht ausmalen, was Söder verlautbaren lässt, sollte das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde der Union gegen die Wahlrechtsreform ablehnen. Mit wem Söder eigentlich bei Einhaltung seines neuen Dogmas eine Regierungskoalition bilden möchte, wäre im Falle eines Falles im Übrigen die nächste spannende Frage.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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