Dienstag, 09. Januar 2024

Thomas Geisel auf Gerhard Schröders Russland-Spuren

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Wochenlang hat die SPD mit sich gerungen, ob sie Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, den sie aus der Partei ausschließen wollte, was ihr aber nicht gelang, dennoch für seine 60-jährige Mitgliedschaft in der Partei ehren dürfe. Sie hat es am Ende mit der formal einleuchtenden Begründung getan, nach den Statuten stehe Schröder diese Ehrung zu. Ein anderer, weniger bekannter Oldie der SPD, der ohne großes öffentliches Aufsehen im Dezember letzten Jahres für 40 Jahre Parteimitgliedschaft geehrt wurde, hat sich dafür jetzt auf seine eigene Art bedankt: Thomas Geisel, sechs Jahre lang Oberbürgermeister in Düsseldorf (2014 bis 2020), ist aus der SPD ausgetreten und hat sich dem Bündnis Sahra Wagenknecht angeschossen, um dort bei der Europawahl neben Fabio De Masi als Spitzenkandidat anzutreten.

Was Geisel außer kurzzeitigem PR-Ruhm angetrieben hat, dies zu tun, bleibt einigermaßen im Dunkeln. Hatte er sich doch anlässlich der Ehrung seiner 40-jährigen SPD-Mitgliedschaft noch ausgesprochen wohlwollend über die Partei geäußert. „Ich habe damals gesagt, dass sich jeder darauf verlassen könne, dass ich mein Leben lang Sozialdemokrat bleiben würde“, sagt er selbst dazu. Sozialdemokraten „in der Tradition von Willy Brand und Helmut Schmidt“ seien jedoch in der heutigen SPD heimatlos geworden, lässt er jetzt wissen. Dass die SPD sich in diesem einen Monat so verändert haben soll, will Geisel hoffentlich nicht ernsthaft glauben machen.

Vielleicht liegt es einfach daran, dass die SPD keine Spitzenposition mehr für ihn zu vergeben hat. Und sie hat – siehe Schröder – eben auch leinen Platz mehr für Putin-Freunde. Als solchen darf man Geisel wohl bezeichnen. Kritisiert er doch Sanktionen gegen Russland und fordert ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine. Die führe einen Krieg, den sie nicht gewinnen könne, betont er dazu. Das ist jedenfalls dann richtig, wenn sich Geisels Haltung in Deutschland und anderen wichtigen bisherigen Ukraine-Unterstützerstaaten durchsetzt. Ob Geisel dann allerdings noch viel Spaß an einer Mitgliedschaft im EU-Parlament – so er sie erreichen sollte – haben dürfte, steht auf einem anderen Blatt.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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