Mittwoch, 14. Februar 2024

Zwischen Skylla und Charybdis – die FDP am Scheideweg

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Es hätte nicht der Teilwiederholungswahl zum Deutschen Bundestag in Berlin gebraucht, um das ganze Drama des aktuellen Wählerzuspruchs der FDP zu verdeutlichen. Aber es versinnbildlicht die Krise, in der die FDP steckt – selbstverschuldet: Ein Bundestagsmandat wegen der geringen Wahlbeteiligung verloren (nur noch 51 Prozent gingen erneut wählen), zudem kräftige Stimmeinbußen (in den Wahlkreisen, die erneut gewählt haben). Christian Lindner hat die FDP seit Jahren darauf ausgerichtet, als Gralshüter der Freiheit und Garant für finanzielle Solidität wahrgenommen zu werden. Die dazu gehörenden Stichworte lauten aktuell: keine Steuererhöhungen, sondern möglichst Steuersenkungen sowie keine Reform (oder gar Abschaffung) der Schuldenbremse.

Diese thematische Verengung (trotz aller gegenteiliger Behauptungen Lindners) hat Lindner durchaus erfolgreich für die FDP umgesetzt. Dafür spricht nicht zuletzt das Ergebnis der letzten Bundestagswahl der FDP (11,5 Prozent). Doch ihr Abstieg hat in Wahrheit bereits früher begonnen – bei den denkwürdigen Verhandlungen zu einer Jamaika-Koalition unter Dr. Angela Merkel, die Lindner mit dem inzwischen berühmten Satz beendete: „Es ist besser, nicht zu regieren, als schlecht zu regieren.“

Damit hatte Lindner einen Punkt gesetzt, der ihm damals ungerechtfertigterweise viel Kritik einbrachte und ihm in der Ampel-Koalition permanent auf die Füße fällt. Dabei war schon zu Beginn der Ampel absehbar, dass die Ausgangssituation für die Regierungsbeteiligung der FDP hinsichtlich der Schnittmengen in Sachfragen keinesfalls besser war als vier Jahre zuvor. Gescheitert ist Jamaika wohl letztlich auch am vergifteten persönlichen Verhältnis zwischen Lindner und Merkel. Obwohl Lindner damals zutreffend davon ausgehen konnte, Merkel werde sich bei Streitfragen im Zweifel eher auf die Seite von Bündnis 90/Die Grünen schlagen als auf die Seite der FDP, wären die politischen Zumutungen für die FDP dennoch wohl deutlich geringer gewesen, als sie es in der Ampel sind.

Weil sich Lindner aber nach der letzten Wahl scheute, noch einmal den Trumpf „besser nicht als schlecht zu regieren“ zu ziehen, sind die Differenzen im politischen Alltag, die speziell die FDP und Bündnis 90/Die Grünen trennen, von Woche zu Woche größer geworden. Lindner und die FDP haben versucht, dieser Problematik damit Herr zu werden, dass sie sich als Bremser falscher Vorhaben der Grünen inszenieren, um so ihren Stimmenanteil bei den Umfragen zu halten. Doch das konnte nicht gelingen und ist wenig überraschend auch nicht gelungen. Denn die vermeintlich logische Argumentation, ohne die Regierungsbeteiligung der FDP wäre alles noch schlimmer, stimmt rein mathematisch eben nicht. Ohne die FDP könnten die Grünen nicht regieren.

Entsprechend versucht die Union auch gezielt, der FDP das Aufkündigen der Regierungsbeteiligung schmackhaft zu machen. Aus den eigenen Reihen der FDP wurde eine Mitgliederbefragung initiiert, die Ampel zu verlassen, und der Rest der verbliebenen Wähler fragt sich, was von einer Regierung zu halten ist, die sich permanent widerspricht. Wenn die Kritik aus der Regierung gegen eigenen Vorhaben teilweise härter ausfällt als die der Opposition, dann kann einfach etwas nicht stimmen.

Und wie soll die FDP jetzt die Kurve kriegen? Nicht eben wenige empfehlen ihr, die Ampel zu verlassen und damit Neuwahlen zu erzwingen. Aber wäre das wirklich eine Erfolgsgarantie für die FDP? Wer soll sie dann wählen? Taktische Zweitstimmenwähler aus der Union? Angesichts des erwartbaren Erfolges der AfD hätten die potenziellen Wähler der Union wohl kaum Zweitstimmen zu verschenken, zumal dann noch weitere Parteien am Start sein könnten. Nicht auszuschließen ist also, dass die FDP bei einer aktuellen Neuwahl sogar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte. Und wer in der FDP meint, die Union werde sie, sollte sie diese Hürde meistern, mit offenen Armen empfangen, der braucht sich nur den politischen Aschermittwoch der CSU heute in Passau anzuhören. Klar, was interessieren Markus Söder und seine Claqueure seine dummen Sprüche von heute, käme es zu einer Schwarz/Gelben-Koalition, aber weh würde es wohl dennoch tun. Bleibt also nur die Alternative, sich und die Ampel in der Ampel besser zu verkaufen. Womit wir dann wieder bei der Überschrift wären: Die FDP hat die Wahl zwischen Skylla und Charybdis!


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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