Donnerstag, 29. Februar 2024

Zinswende zehrt Rückstellungen der Deutschen Bundesbank vollständig auf

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Es gab Zeiten, da lieferte die Deutsche Bundesbank dem Staatshaushalt zweistellige Milliardenbeträge als Gewinn ab. Zuletzt war dies 2001 der Fall (11,2 Milliarden Euro). 1997 betrug der Gewinn gar 12,3 Milliarden Euro. Gewinne, die die Ampel in der angespannten finanziellen Lage des Bundeshaushalts derzeit gut gebrauchen könnte. Aber Gewinne weist die Bundesbank schon seit 2020 nicht mehr aus (2019 waren es dagegen noch 5,9 Milliarden Euro). Daran ändert sich weder aktuell noch aller Voraussicht nach im kommenden Jahr etwas. Die Bilanz für 2023 ist ausgeglichen, für 2024 erwartet die Bundesbank sogar einen Verlust.

Die Gründe sind  – würde man in Unternehmenskreisen sagen– hausgemacht, wobei hausgemacht nicht die Bundesbank selbst, sondern die EZB meint. Deren langjährige Negativzinspolitik und deren voluminöses Staatsanleihenkaufprogramm waren keine Idee der Bundesbank, sondern im Gegenteil, sie wurden von der Bundesbank massiv kritisiert. Was angesichts der Entscheidungsstruktur der EZB aber keinerlei Auswirkungen auf die Entscheidungen der EZB hatte. Nun also schlagen sich die Auswirkungen beider Maßnahmen massiv im Haushalt der EZB wie der Bundesbank nieder.

Die Bundesbank selbst kommentiert ihre Bilanz so: „Der Anstieg der Leitzinsen hat im vergangenen Jahr den Jahresabschluss der Deutschen Bundesbank geprägt. Für das Geschäftsjahr 2023 weist sie ein ausgeglichenes Bilanzergebnis aus, weil Belastungen im zweistelligen Milliardenbereich über ihre Finanzpuffer abgefedert werden konnten. Dazu löste die Bundesbank ihre Risikovorsorge vollständig auf und verringerte ihre Rücklagen.“

Da die Bundesbank zugleich redlicherweise davon ausgeht, die Belastungen für das laufende Jahr würden erneut erheblich sein, geht ihr Präsident Dr. Joachim Nagel davon aus, diese dürften die noch vorhandenen Reserven übersteigen. Im Klartext: „In diesem Fall wird die Bundesbank einen Verlustvortrag ausweisen und diesen durch künftige Gewinne wieder abtragen.“ Für den aktuellen Bundesfinanzminister sowie mögliche Nachfolger hielt Nagel bei der Vorstellung der Zahlen noch eine weitere schlechte Prognose bereit: „Wir erwarten, längere Zeit keine Gewinne ausschütten zu können.“

Damit sich trotzdem niemand übermäßig Sorgen macht, betont die Bundesbank, ihre Bilanz sei solide. „Die Bundesbank“, so Nagel, „kann die finanziellen Belastungen tragen, denn ihre Vermögenswerte sind erheblich größer als ihre Verpflichtungen. Die Bewertungsreserven beliefen sich auf fast 200 Milliarden Euro.“ Dahinter verbergen sich im Wesentlichen die Goldreserven der Bundesbank. Wegen dieser hohen Reserven werde die Bundesbank auch weiterhin entschieden für Preisstabilität eintreten, erläuterte Nagel.

Damit realisiert sich in der Bundesbankbilanz das, was Banken gemeinhin ein Zinsänderungsrisiko nennen. Denn die umfangreichen Wertpapierbestände mussten zur Abwehr der exorbitant steigenden Inflation zurückgeführt werden. Dazu erhöhte die EZB die Leitzinsen zwischen Juli 2022 und September 2023 um insgesamt 450 Basispunkte. Der „schnellste Anstieg des Einlagesatzes in der Geschichte der Währungsunion“ hatte für die EZB wie die Bundesbank zwei gravierende Folgen: „Auf der Ertragsseite wuchs die Verzinsung der geldpolitischen Wertpapiere nur geringfügig, auf der Aufwandsseite sorgten die höher verzinsten Einlagen der Kreditinstitute für eine deutlich gestiegene Belastung.“

Der Nettozinsertrag als größte Komponente der Gewinn- und Verlustrechnung der Bundesbank reduzierte sich gegenüber dem Vorjahr um 17,9 Milliarden Euro und lag mit minus 13,9 Milliarden Euro erstmals im negativen Bereich. Für das Jahr 2023 ergibt sich daraus ein Fehlbetrag von fast 21,6 Milliarden Euro. Die Wagnisrückstellung von bislang 19,2 Milliarden Euro wurde zum Ausgleich der aufgelaufenen Verluste komplett aufgelöst. Der verbleibende Jahresfehlbetrag in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro wurde durch entsprechende Entnahmen aus den Rücklagen ausgeglichen. Es verbleiben Rücklagen von knapp 0,7 Milliarden Euro.

Damit dürfte auch bei dem letzten angekommen sein, wie teuer die berühmten Worte des früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi „Whatever it takes“ tatsächlich geworden sind. Ändert zwar an den Fakten nichts, mag aber bei dem einen oder anderen, der diese Entwicklung so vorhergesagt hat, eine gewisse Genugtuung auslösen.


Verfasst von: Frank Schweizer-Nürnberg | Kommentare (0)

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